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19.11.2021

St. Nikolai Kirche Elmshorn

Siobhan Miller

                                                                                                                           Foto: Johanna Lippke                                                                                                                                                                                                                                                

Diesmal hat mein Freund Roland Wolter den Review geschrieben!!!

 

Ein besonderes Wochenende

 

 

Lottes Musiknacht mit Siobhan Miller, da durfte ich, Einwohner des Allerstädtchens Rethem, auf keinen Fall fehlen. Schon einige Male war meine Teilnahme an einer Konzertveranstaltung von meinem Freund aus Altenmoor angeregt worden, aber ich hatte mich stets vornehm zurückgehalten; ist ja auch nicht der nächste Weg dorthin. Fest stand allerdings: Wenn Siobhan anreist, bin ich ohne Zweifel dabei. Warum dieses?

 

 

Nun, erstmalig sah ich sie Anfang 2017 in London und war sofort hellauf begeistert – von der Stimme, der Ausstrahlung, der Band. Als ich sie zwei Wochen später in Göttingen erlebte, machte ich sie bescheiden auf mich aufmerksam; im Jahr darauf plauderten wir in Lerwick auf den Shetlands fast schon vertraut. Als sie mir 2019 beim Cambridge Folk Festival von der Bühne aus zuwinkte und bei der anschließenden Signierstunde aufsprang, um mich – ganz und gar platonisch, versteht sich – zu umarmen, waren wir längst gute alte Bekannte.

 

 

Und so befand ich mich nach langem pandemiebedingten Musikentzug in froher Erwartung meines zwölften Siobhan-Konzerts, nachdem ich sie zwei Tage zuvor bereits im Heidbarghof in Hamburg gesehen hatte. Lotte kreuzte dort ebenfalls auf, und ich erlaubte mir die Frechheit, ihn gegen seinen Willen der Dame vorzustellen. Selbstverständlich verstanden sie sich sofort prächtig und machten eifrig Pläne.

 

 

Am Freitag frühzeitig angekommen in der Nikolaikirche, wurde ich sofort beauftragt, zusammen mit Bine das reichhaltige Catering abzuholen. Bei unserer Rückkehr war der Soundcheck in vollem Gange und ich umgehend davon überzeugt, dass ein hervorragender Klang garantiert sein würde. Für eine professionelle und fantasievolle Beleuchtung wurde später gesorgt.

 

Nach dem Einlass mit noch gültiger 3G-Regel begann pünktlich das Konzert, angesagt von Lotte mit seinem unverwechselbaren Charme. Siobhan und ihre Mitmusiker John Lowrie am Klavier, Innes White an der Gitarre und Charlie Stewart an der Fiddle konnten das Publikum von Anfang an begeistern. Ehegatte Euan Burton am Kontrabass war diesmal nicht dabei, da der kleine Harry seit circa einem Jahr die Familie bereichert, so dass Daddy zu Hause bleibt, während Mum auf Tour geht und Geld verdient.

 

 

Der Mix aus traditionellen und selbst oder von anderen Songschreibern verfassten Liedern machte Laune und wurde mit großzügigem Applaus bedacht. Im Mittelpunkt stand Siobhan mit ihrer vollen, ausdrucksstarken Stimme, die dynamisch und jede Höhe meisternd für Gänsehaut und Wohlgefühl sorgte. Dabei strahlte sie Natürlichkeit und Freude aus, glänzte mit humorvollen Ansagen und erlaubte sich durchaus auch mal einen abgedrehten Lachanfall. Ein Anliegen war ihr, das neue Album von 2020 vorzustellen. Die Freude, endlich wieder live auftreten zu können, brachte sie deutlich zum Ausdruck. Lieder in besonderem schottischen Dialekt wie das verrückte „Tranent Wedding“ und das höchst amüsante „Cholesterol“ erzeugten Hochstimmung. Auch ein Instrumental der „boys“ mit virtuos-rasantem Abschluss sorgte für Begeisterung. Ein herausragendes traditionelles Lied, das Siobhan besonders schätzt, ist das getragene, sehr traurige „Bonny Light Horseman“. Überhaupt sind der Sängerin die tragischen Stücke anscheinend die liebsten. Unter die Haut gingen die beiden unplugged gespielten „Loving Hannah“ und „Tak a Dram“, ein wunderbares Abschiedslied mit John am Akkordeon. Nach enthusiastisch aufgenommenen Zugaben, zu denen der Klassiker „The Ramblin` Rover“ gehörte, setzte Siobhan einen leicht melancholischen Schlusspunkt mit dem wunderschönen, a capella gesungenen „The Parting Glass“.

 

 

Nicht vergessen werden sollte, dass Billy und Molly Lottermann auf der Kanzel durchgehend präsent waren und von Siobhan zwischenzeitlich gebührend gewürdigt wurden. Böse Zungen munkeln, die beiden gestopften Stofftiere würden zu Hause in Altenmoor mit hohen, etwas quiekenden Stimmen, die verdächtig nach Bine und Lotte klingen, rege miteinander kommunizieren. Aber das fällt wohl eher in den Bereich der Gerüchte oder auf Neudeutsch fake news.

 

 

Gut für die Band: Der CD-Verkauf blühte und gedieh. Und natürlich war reichlich Bares gespendet worden. Sogar ein Hundert-Euro-Schein wurde gesichtet. Die Elmshorner wissen, was sie an Lotte haben, der für einen reibungslosen organisatorischen Ablauf sorgt, auch in schwierigen Pandemie-Zeiten, natürlich tatkräftig unterstützt von seiner Bine. Für mich beeindruckend waren die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die es für selbstverständlich halten, an den verschiedensten Stellen ihren wertvollen Beitrag zu leisten. Wieviel Arbeit mit einer solchen Veranstaltung verbunden ist, konnte ich ausführlich beobachten und am eigenen Leib erfahren, da ich auch am nächsten Tag noch gehörig eingespannt wurde. Aber was will man mehr? Abendessen und Frühstück mit den Musikern, zum Abschied am Tourbus dann doch noch eine Umarmung von Siobhan und, ähm, Innes. Dass Lotte mir in Sachen hugging mittlerweile den Rang abläuft, versteht sich wohl von selbst. Erwähnen möchte ich noch, dass Siobhan privat genauso sympathisch, fröhlich und zugewandt daherkommt wie bei ihren Auftritten. Es ist immer eine Freude, ihr zu begegnen. Und ihre drei „boys“ sind Pfundskerle.

 

 

Viel Schlaf bekamen wir nicht in dieser Nacht, aber wen kümmert´s? Beseelt rollte ich am Sonnabendnachmittag gen Süden und durch den verstopften Elbtunnel. Fest steht: Lottes Musiknacht is a night to remember! Von diesem ganz besonderen Wochenende werde ich lange zehren.

 


                                                                                                                         Fotos: Johanna Lippke