Unser Kumpel Michael Spies hat mal wieder seinen Bleistift gespitzt und einen Bericht geschrieben.
Annie Keatings Musik begleitet mich schon längere Zeit, besonders auf Autofahrten landet immer wieder eine ihrer CDs im Player.
Mit einer unkonventionellen und attraktiven Stimme hat sie mich sofort in ihren Bann gezogen. Als Songschreiberin kennt sie ihre Stärken und Grenzen mittlerweile sehr genau. Sie begann zwar schon mit zwölf Jahren Gitarre zu spielen und mit vierzehn schrieb sie den ersten Song; aber erst mit 32, nach der Geburt ihrer Tochter, fing sie an, Schallplatten aufzunehmen.
Was die Authenzität der Lieder angeht, erinnert sie mich an den frühen Jackson Browne.
Ihre Lieder handeln oft von Liebe, Verlust, Loslassen und Festhalten sowie dem Wunsch, dem Alltäglichen zu entfliehen.
Vor unserer ersten Begegnung hatte ich gemischte Gefühle: Einerseits freute ich mich auf ihren Auftritt, aber ich hatte auch ein wenig Angst, dass meine hochgesteckten Erwartungen enttäuscht werden könnten.
Doch schon nach dem ersten Song im Musicstar in Norderstedt war dieses Gefühl verflogen und ich erlebte ein wundervolles Konzert.
Als ich heute an Bord der Klostersande ging, war die Vorfreude deshalb natürlich sehr groß. Annie begann das Konzert mit einem Song über ihre erste große Liebe. Damals war sie zwölf Jahre alt und das Objekt der Begierde war ein BMX-Rad: Trick Star.
So heisst auch eine ihrer acht bisher veröffentlichten CDs. Dazu erzählte sie die Geschichte, wie Lotte sie bei einem Konzert in Holland davon überzeugte, nach Elmshorn zu kommen: Er war die 300 Kilometer von Elmshorn mit dem Fahrrad angereist. - Das hatte sie schwer beeindruckt!
Das Konzert bestand aus zwei Sets. Einen großen Teil der Ansagen moderierte sie in fast akzentfreiem Deutsch, denn ihre Mutter ist Deutsche.
Es wechselten sich melancholische Lieder mit Floorstompern ab. Dabei strahlten ihre Songs immer Wärme und Ehrlichkeit aus.
Ihre beiden fantastischen Begleitmusiker, Steve "Don Corleone" Mayone aus Brooklyn, ein Virtuose an der Mandoline und Gitarre, und Nicolaj Wolf von der dänischen Band "The Sentimentals" am Stand-up Bass, unterstützten die sehr unterschiedlichen Stimmungen der Songs vortrefflich. Man glaubt nicht, dass dieses Trio am letzten Dienstag erstmals gemeinsam geübt hat!
Es gab viele Kostproben aus ihrer CD Belmont, aber bis auf ihr Debüt stellte sie uns Stücke von jeder ihrer Cds vor. Der Blues "Trouble" (nur als Download erhältlich) und eine Coverversion von John Prines "Angel from Montgomery" waren die einzigen Non-LP-Lieder.
Am Ende der ersten Zugabe gab es noch eine krachende Version des Neil Young-Klassikers "Cowgirl in the Sand".
Mit ihrer zweiten und letzten Zugabe sprach Annie allen Zuschauern aus der Seele:
It already hurts when you leave.
Michael Spies
Fotos: Ulf Marek